Corneliu Dan Georgescu: Der Zyklus ORBIS (Orgelmusik, 1993-2008) ... der Zyklus Orbis für Orgel (ab 1995) betrachtet den wohlbekannten Quintenzirkel als Objekt für eine musikalische Meditation über das Offene, Liniäre, immer Fortbewegende und das Geschlossene, Zyklische, immer Wiederkehrende, über die Relativität der Begriffe Neu und Alt, beweglich und statisch und somit über das Existieren des Ewigen unter dem Gesicht des Wechselbaren. Der Quintenzirkel scheint ein offenes, geradliniges System zu sein, erwies sich jedoch als zyklisch: die z.B. aufsteigenden Quinten erreichen nach 12 Stufen den Anfangspunkt. Die Wahrnehmung der Zyklizität ist einer Illusion zu verdanken: unser Gehör hat die Qualität, die Tonhöhen modulo 12 zu berechnen, d.h. die Intervallen werden zu dem Rahmen einer Oktave reduziert. So besitzt der Quintenzirkel, egal er auf- oder absteigend parkuriert wird, eine einmalige Eigenschaft: er ist gleichermaßen beweglich und statisch, er schreitet immer fort, aber kommt immer wieder zu seinem Startpunkt. In der Wirklichkeit, rein mathematisch gesehen, ist er eine Spirale: nach 12 Stufen erreicht er nicht ganz genau den Anfangspunkt. Das westeuropäische Tonalsystem basiert auf diesem Quintenzirkel: das Verhältnis Tonika-Dominante enthält die aufsteigende Quinte, also die erste Stufe „nach oben“, das Verhältnis Tonika-Subdominante ebenfalls eine aufsteigende Quinte, aber „vom unten“ kommend. Dieses Verhältnis kann aber transponiert werden, so werden benachbarte oder entfernte Quinten miteinbezogen. Als Komplettsystem besteht er aber nur im Hintergrund, als Gerüst. Der Quintenzirkel wurde als Begriff schon sowohl von den alten Chinesen (grundsätzlich für die Erklärung der Pentatonik) als auch von Pythagoras (für die Erklärung der griechischen Modi), zunächst aus einem akustisch-musikalischen Gesichtspunkt, dann als Basis für spekulative, symbolische Betrachtungen über Kosmos betrachtet...
Corneliu Dan Georgescu: Wolken Wellen Sand (1996/2004) für Mezzosopran, präpariertes Klavier, Schlagzeuger und Elektronik "Wolken Wellen Sand" vertont drei Gedichte in Haiku-Stil des Malers und Dichters Christoph Niess, ist also unmittelbar von ihm inspiriert, sowie andere Werke wie "NordSeeHorizonte", "Elegia" für Chor und Elektronik, "Tua umbra lucida" für Trio und Elektronik oder "Ende
ein Anfang" von anderen seiner Bilder-Zyklen inspiriert wurden.
Corneliu Dan Georgescu: Der Zyklus "Hommage à Piet Mondrian" - (8 Streichquartette - 1980-2003) Als ich 1980 diesen Zyklus begonnen habe betrachtete ich die Malerei als einen wichtigen Stützpunkt für Musikgestaltung, und Mondrian galt für mich nicht nur als führender Abstraktionist,
sondern vielmehr als Begründer einer radikalen, zeitlosen Ästhetik der geometrischen Einfachheit, Reinheit und Objektivität. Nichts war mir damals fremder als die "anekdotische Kunst", als die erzählende Musik,
die den Zuhörer "amüsiert", unterhält, die Charakteren, ihren Werdegang, Konflikte usw. treu darstellt, oder auch die Teilnahme an einer schon standardisierten Avantgarde. Die Idee einer "atemporellen"
sowie einer objektiven, "archetypalen" Musik waren mir schon seit langem reif (z.B. in "Model Mioritic", aus 1973), neu dagegen, und durch Mondrian angeregt war die Idee der strengen Funkionalisierung der
elementarsten Farben und Formen, der Reduzierung der Strukturen an grundsätzliche Ideen, die keine stilistischen, regionalen, zeitlichen Zuordnung gestatten.
Corneliu Dan Georgescu: Der Zyklus „Transsilvanische Motive“ - (Hommage à Bartók) (1998-2006) Grundsätzlich geht es in diesem Zyklus darum, eine naive musikalische Welt als Partner für einen Dialog zu betrachten. Die Authentizität der traditionellen Musik - mit Ausnahme ihrer
Instrumentation – wird kaum berührt: die Motive sind übernommen so wie sie sind, es werden ihnen nur andere Ideen und Materialien entgegengesetzt - eben wie in einem Dialog. Ich sehe in diesem Gesichtspunkt eine
spezielle Variante der Postmoderne. Der Zyklus „Transsilvanische Motive“ enthält bis jetzt vier Hefte (I - Stücke 1-10, II-Stücke 11-20, alle für Klavier, Heft III - Stücke 21-30 für Geige und Klavier, Heft IV -
Stücke 31-38) und möchte allmählich ein größeres Werk werden, das zu Ehre Bartóks konzipiert ist.
Corneliu Dan Georgescu: Der Zyklus "Atemporal Studies" (ab 1980) Corona Borealis (1980 konzipiert und 1990 revidiert) ist der Grundstein des Zyklus elektronischer Musik Atemporal Studies - einer für mich neuen, aber lange angestrebten und radikalen Orientierung auf eine meditative Musik der inneren Ruhe und des Friedens. Es geht nicht um Melodien oder Rhythmen im traditionellen Sinne, sondern um zyklische, elementare, archetypale Strukturen, die, durch ihren abstrakten Charakter, durch ihre geometrische, zeitlose Objektivität auch einen gezielten therapeutischen Effekt haben können. Ebenso untraditionell ist die Form strukturiert, die keine Themen, Segmentierung kennt: Wie auch in den anderen Stücken des Zyklus ist die Musik als ein einheitlicher, unendlicher Prozeß gedacht, da die übereinander gelagerten Schichten immer neue Kombinationen von ursprünglichen, grundlegenden Strukturen generieren. Bis jetzt zählt der Zyklus ca. 30 Stücke und Projekte.
Corneliu Dan Georgescu: "Dialog mit Cis Moll" (2002) In dem Klavierstück "Dialog mit Cis Moll" geht es um die Interferenz zwischen verschiedenen instabilen, beweglichen, wechselbaren, teilweise chaotischen Strukturen und einer einzigen stabilen, unveränderlichen, klaren Struktur - Struktur, die - trotz ihrer unregelmäßigen Erscheinungen und relativ langen Abwesenheiten - sich als eine ständige Präsenz durchsetzt. Von beiden Seiten gibt es Versuche, diese Opposition zu überwinden, indem einerseits die chaotischen Strukturen sich einigermassen organisieren, andererseits die stabile Struktur (die eher als eine Obsession als ein Zentrum fungiert) ihre Erscheinungsformen variiert, ohne daß ein realer Kontakt zwischen diesen zwei Welten stattfinden zu können. "Dialog mit Cis Moll" wurde speziell für dieses Konzert komponiert und ist Aurèle Stroë gewidmet.
|